Dämmerung nach einem langen, heißen Tag. Meine Arbeit im Garten ist fast beendet. Die Pflanzen haben ihren Durst gestillt. Wie gewohnt gieße ich nun frisches Wasser in die fünf Vogeltränken, nachdem ich sie mit einer Bürste geschrubbt habe. Die letzte steht im Schatten eines Haselstrauches. Aus Keramik gearbeitet, hat sie die Form einer Blüte.
Kurz hebe ich sie an, um sie zu leeren.
Ich erschrecke, als plötzlich ein braunes Etwas unter dem Rand hervorspringt – eine Erdkröte.
Sie macht einen Satz, sucht Schutz in den nahen Gundelreben. Wie mag sie hier herkommen? Sie kann doch heute unmöglich die Straßen überquert haben, wäre in der Sonne verglüht.
Ich bin ratlos.
Braune Augen mustern mich aus dem Versteck. Unsere Blicke verschmelzen.
„Unsinn“, belehrt mich da ein feines Stimmchen.
„Ich lebe schon länger hier, genau gesagt seit dem letzten Regen.
Nur hast du mich noch nicht entdeckt, unaufmerksam, wie ihr Zweibeiner seid. Ich war mit meiner Gruppe auf dem Weg zu unserem Laichplatz. Eine kurze Rast, schon hatte ich den Anschluss verloren.
Dann kam die Hitze, und ich wusste, weiter zu wandern wäre Selbstmord.
Danke übrigens für das Quartier. Wir Tiere finden viel zu wenig Wasser in den Gärten. Erklär das mal deinen Artgenossen.“
Inzwischen habe ich mich gefasst.
„Schön, dass es dir gefällt. Warte ein paar Tage, dann besorge ich dir einen kleinen Teich. Du könntest für immer bleiben …“
Leicht neigt sie den Kopf.
„Mach dir keine Mühe, ich bin zufrieden. Meine Zeit drängt. Ich muss weiter, sobald es regnet.“
Zweifelnd streift mein Blick den klarblauen Himmel. „Wenn du mich jetzt allein lassen würdest.“
Sie klingt leicht ungehalten.
Eilig fülle ich die Tränke auf, und schwupp verbirgt sie sich wieder unter dem Rand.
„Viel Glück“, murmele ich, während ich das Wasser abstelle.
Über der Nordsee
Wolken neugeboren
träumen vom Reisen heut Nacht