Ich folge der Frau die enge, verwinkelte Treppe hinauf. Die Wände sind weiß gekalkt, die Stufen aus dunkel gemasertem Holz. Sie trägt ein tiefblaues, fast schwarzes Alltagskleid, ein Reissverschluss auf dem Rücken.
Ein ähnliches trug meine Mutter, fällt mir ein, in den 60ern, als ich ein Junge war. Der Stoff war rau und abweisend. Mit sicherem Tritt geht sie gleichmäßig voran, dabei scheinen ihre Füße den Boden nur leicht zu
berühren. Als ich sie um Führung gebeten hatte, war ihr Lächeln unklar geblieben, ihr »Gerne« erschien mir formell. Oben, am Ende der Treppe dann die offene Tür, durch die helles Licht dringt. Hier wird sein, wovon
alle sprachen. Hinter ihr trete ich durch die schmale Öffnung. Ein leerer rechteckiger Raum, der Boden mit Dielenbrettern ausgelegt, die von einer dünnen Staubschicht überzogen sind. Der Staub bildet unregelmäßige
Muster auf dem Boden, Halbkreise, Schlangenlinien, Geraden. Als wären die Partikel bei unserem Erscheinen mitten in der Bewegung erstarrt. In einer Ecke erkenne ich entzwei gebrochene Zündhölzer. Unbenutzt.
zum fenster gehen
nichts ist zu hören von
unseren schritten
Vor der Flügeltüre aus Glas bleiben wir stehen und sehen uns an. Die Frau zeigt mir einen kleinen Gegenstand, den sie in der Hand hält. Ihr linkes Lid beginnt zu flackern, als ich danach greife. Einen Moment lang stehen wir so, Hand an Ding an Hand. Vielleicht das letzte Mal. Ein Flackern in meinem Lid erscheint, sie lässt los. Ich öffne die Tür, danke ihr und gehe zögernd einen Schritt ins Freie. Unten im Innenhof steht es. Eine Taube fliegt auf. Gehen Sie ruhig, höre ich eine sonore Stimme hinter mir. Mich umwendend sehe ich einen Mann, der mich weit überragt. Er legt mir seine Hand aufmunternd auf die Schulter. Ich sehe hinab. Es ist, wie ich erwartet hatte. Genau so.