Morgens, wenn das Schrillen des Weckers Frau R. jäh aus dem Schlaf reißt, bedrängt sie gleich der Gedanke an den langen Vormittag, der wie ein finsterer Tunnel vor ihr liegt. Am liebsten möchte sie dann im Bett bleiben, sich wieder auf die Seite drehen und in die Geborgenheit des Schlafs zurückflüchten. Ein paar Mal schon hat sie dieser Versuchung nachgegeben und sich später telefonisch in der Schule krankgemeldet.
Immer, wenn sie ihre Klasse betritt, hat sie Angst, Angst vor der Wildheit und Aufsässigkeit einiger Jungen und Mädchen, die ihr das Unterrichten schwer machen. Wer zur Unterrichtszeit über den Schulflur geht und am Raum der 4. Klasse vorbeikommt, kann den Lärm da drinnen und die laute Stimme Frau R.s nicht überhören.
Sie schreit aus Hilflosigkeit, schreit mit hochrotem Kopf gegen die Unruhe in der Klasse an – und fühlt sich unglücklich dabei. Wegen der Niederlagen, die sie ihr bereiten, ist sie oft wütend auf die Kinder, ja sie hasst sie sogar manchmal. Die Kolleginnen und Kollegen sagen: Frau R. kann sich in ihrer Klasse nicht durchsetzen.
In den Pausen sitzt sie still und erschöpft im Lehrerzimmer, starrt vor sich hin und redet mit niemandem ein Wort. Wenn das Klingelzeichen zum Pausenende ertönt, spürt Frau R. wieder die Angst.
Schulschluss.
Der Blick zum Himmel
ins tiefe Blau