Freiheit
Als Kinder lernten wir, auf Alte und Behinderte Rücksicht zu nehmen und, wo möglich, zu helfen. Seit ich selbst gehbehindert bin und seit man das meiner gebeugten Haltung auch deutlich ansieht, weiß ich, wie schnell die täglich erkämpfte Lebensenergie durch gut gemeinte Hilfe verloren gehen kann.
Froh darüber, gerade einen guten, beweglichen Tag zu haben, an dem ich mal ohne Stock auskomme, bitte ich an der Theke des Bäckereicafés um ein Tablett, mit dem ich mein Frühstück einfacher tragen kann.
Prompt stellt die Café-Hilfe im Nebenraum ihren Besen in die Ecke und fragt, ob sie mir helfen dürfe.
Nur das fröhliche Lächeln, das sie zeigt, verhindert, dass ich mich schon wieder gedemütigt fühle. Ich nicke, und sie trägt mir das Tablett voraus auf die Terrasse, zum einzigen Tisch, der so früh am Tag bereits Sonne zu bieten hat.
Kaum sind wir außer Hörweite der Verkaufstheke, hebt die junge Frau ihre Stupsnase in die frische Märzbrise und strahlt: „Ich bin ja so froh, mal für einen Moment aus der schwülen Backstube rauszukommen.“
Ihren roten, vom Wind zerzausten Haarschopf sehe ich immer noch vor mir.
Zwischen den Stühlen
die Sonne
auf der Haut.