Der Zug müsste gleich abfahren. Für einen Augenblick reitet der kleine Junge neben dem Fenster auf den Schultern seines Vaters und winkt Auf Wiedersehen. Ganz langsam und lautlos bleibt mit ihm der Bahnhof zurück. Wir gewinnen schnell an Fahrt und die Weichen neben dem Fenster schwimmen zusammen, Gleise fliehen von einander und rutschen endlich unter den Zug.
An der Leine – draußen zieht ein Hund zwei Regenschirme am Ufer entlang. Die Wasser scheinen still zu stehen.
Der junge Mann, dem der Platz mir gegenüber gehört, hat sich durch den schaukelnden Wagen gekämpft. Er packt sofort seine Musikscheiben aus und verstaut den Rucksack im Gepäcknetz. Während er sich hinsetzt, stöpselt er sich die Ohren zu, betrachte sein Spiegelbild im Fenster zu der Welt, die dahinter vorbeifliegt: Aufgeschichtete Baumstämme, ein Weg verschwindet im Wald, Kühe liegen in kleinen Gruppen auf einer Koppel – dann wird es dunkel. Dieses Mal will ich die Lampen im Tunnel zählen, aber der Schaffner kontrolliert die Fahrscheine.
Der Wagen bekommt zwei kleine harte Schläge: Ein Zug rast vorbei und mit der Geschwindigkeit des Lichts die Gespräche in den Telefonleitungen neben den Gleisen. Ich habe nicht bemerkt, woher mein Gegenüber plötzlich die Zeitung hervorgezogen hat. Er beginnt den dicken Papierstoß von hinten zu lesen.
Die tiefe Abendsonne bringt ein Rapsfeld zum Leuchten. Und ein Regenbogen spannt sich über einen Ort. Unterbrochen werden seine Farben nur von den blauen Löchern in der dunklen Wolkendecke.
Die Musik dringt nun laut aus den Ohrhörern und ich erkenne die Maultrommel. Jetzt endlich dreht er die Zeitung so, dass ich die Titelgeschichte lesen kann.
Es gibt ihn nicht mehr,
den kurzen Ruck,
wenn der Zug anfährt