Sonntagmorgen, ein sonniger Hochsommertag hat begonnen. In der Grünanlage hinter dem Hauptbahnhof, Treffpunkt von Junkies und Obdachlosen, findet gerade eine lautstarke Auseinandersetzung statt.
Durchs geöffnete Fenster dringen Fragmente davon zu mir herein. Sie steigern sich zu kehligem Gebrüll und schrillem Geschrei; dann bricht der Streit abrupt ab.
Nach einer Weile fängt jemand mit kräftiger Stimme zu singen an:
„Mein Vater war ein Wandersmann,
das liegt mir auch im Blut;
ich saufe, bis ich nicht mehr kann,
dann ist es wieder gut.“
Der veränderte Text folgt der Melodie des bekannten Volksliedes. Eine kleine Pause, dann ertönt die umgedichtete Strophe erneut. Das geht viele Male so weiter, bis der Gesang leiser, stockender wird, um schließlich in ein Lallen überzugehen und zu verebben. Ein sehr dicker rotgesichtiger Mann saß meistens allein mit seinen Bierdosen und seinem Tabak in dieser Grünanlage auf einer Bank. Eines Tages sprach er mich an und teilte mir mit großem alkoholgetränkten Stolz mit: „Ich bin Schalker!“ Er schlug sich, während er den gewichtigen Satz, dem er nichts mehr hinzuzufügen gewillt war, aussprach, nachdrücklich gegen die Brust. Aus irgendwelchen Gründen hatte es ihn nach Münster verschlagen. Ich sah ihn über einen längeren Zeitraum, ein Jahr oder zwei, ab und zu wieder.
Dann war er verschwunden.
Wohl auf immer.
Wie so viele andere.
Die Ansage
zum Zugverkehr schallt herüber
zur Endstation.