Leise mein Schritt auf dem Plattenweg, zwischen dessen Fugen Löwenzahn wächst. Verlorene Farbtupfer im grauen Einerlei des stillgelegten Hafengeländes. Noch sind die Bäume kahl. Leichter Nieselregen weht mir ins Gesicht.
Ganz in der Nähe liegt mein Ziel, die neue Synagoge. Zum „Fest des Buches“ sind heute auch Gäste willkommen, die nicht zur Gemeinde gehören. Unauffällig grau schmiegen sich die Mauern des jüdischen Gotteshauses ins Umfeld. Ich passiere zwei Polizeiwagen. Die Blicke der Beamten scheinen sich in meinen Rücken zu bohren.
Der Eingang – das Tor zu einer Festung. Verschlossen. Auf mein Klingeln öffnet ein junger Mann, Typ netter Schwiegersohn.
„Darf ich in Ihre Taschen sehen? Es tut mir leid, aber Sie müssen verstehen …“
Ich nicke, öffne meinen Rucksack.
Er leuchtet mit einer Taschenlampe in die Tiefen meiner Unordnung.
„Medikamente“ erläutere ich. „Asthmaspray, Inhalationsballon.“
Er nickt betreten. – Pflaster, Haarbürste und Lippenstift.
„Soll ich die Seitentasche auch noch öffnen?“
Er schüttelt den Kopf, leuchtet dafür in meinen Stoffbeutel, in dem ich eine Wasserflasche mitschleppe. Unsere Blicke treffen sich wieder, wagen ein Lächeln. Fast greifbar zwischen uns das unausgesprochene „Genug?“ „Verzeihen Sie,“ murmelt er noch einmal, reicht mir meinen Schirm, der zu Boden gefallen war.
Er drückt mir einen Stempel auf die Hand, wünscht mir einen schönen Aufenthalt.
Ich passiere den Eingang, finde mich in einem Innenhof wieder.
Kurz bleibe ich stehen, um den Inhalt meines Rucksacks zu ordnen.
Wie viele Seitentaschen, Innenfächer hat so ein Rucksack, die den Blicken verborgen bleiben? Unwillkürlich streiche ich über meine Manteltaschen.
Ich atme tief durch und hoffe, dass es nie passiert, das Unausgesprochene. Nicht heute. Nicht morgen. Niemals.
Hinter Gittern
und schussfestem Glas
Kinderlachen