Wir brechen früh auf und erreichen den Priesterstuhl vor der großen Hitze – noch allein. Schon der erste Blick vorbei an der Felskante runter auf den Lysefjord ist atemberaubend. Mit leichtem Grummeln im Bauch gehe ich mit dir über den schweigenden Felsen. Ich löse meine Hand aus der deinen, lege mich auf den Bauch und schiebe mich langsam an den Rand der Kanzel. Ich wäre entspannter, wenn du meine Füße halten würdest, denn die Fjellkante fällt ungefähr 600 Meter senkrecht in den Fjord ab – und mein Blick fällt
hinterher, kann sich nirgends festhalten, irrt durch das Flirren der Luft bis auf das ferne Wasser. Ich fühle ins überhelle Dunkel und spüre die Angst vor der Angst. Mein Herz schlägt gegen den Stein und es ist, als kämen mir die kleinen Birken vom Ufer entgegen. Ich lausche in die Tiefe: nichts – lange nichts – dann plötzlich erklingt aus dem Hintergrund des Felsens eine Melodie, von einer Trompete gespielt. Meine Gedanken springen hoch auf die Felsenplatte, ich rutsche langsam zurück, stehe auf und umarme dich. Wir gehen auf dem warmen Plateau zu den anderen. Inzwischen hat sich die Kanzel mit einer Gruppe von Wanderern gefüllt. Sie halten sich zu einem Kreis gefasst, die Arme über die Schultern der Nachbarn gelegt und tanzen nach einer norwegischen Melodie vier Schritte links dann zwei Schritte rechts herum – sie drehen den Ring. Der Trompeter steht auf einem kleinen Vorsprung, etwas erhöht, in der »Lehne« der Kanzel und bläst in den offenen Himmel. Als wir an dem tanzenden Kreis vorbei kommen, öffnet sich dieser wie von selbst und wir schließen ihn wieder.
im Sommergras –
nicht aufhören
zu taumeln