Thorsten Schirmer (in: Sommergras93)

Sommergras

Erscheinungsjahr: 2011

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Frisches Sommergras liegt auf meinem Tisch. Begierig auf seinen Duft, habe ich es heute früh ins Haus getragen. Wer nichts als Rosenblüten liebt, wird diese Leidenschaft nur schwer verstehen. Und dennoch, mag nicht eben jene zarte Andeutung eines Duftes besser als ein ganzer Rosenstrauch den Reiz des Sommers einzufangen? So unauffällig wie das
Gras im Angesicht der Blütenpracht auch scheinen mag, sein Duft reicht tief hinab zu den Quellen unseres Seins.
Nicht immer verströmt das Gras diesen Reiz. Es bedarf der langen Sonnentage, des warmen Sommerregens, des Taus der Nacht, um seinen wundersamen Duft zu entfalten. Der rechte Moment verlangt Geduld und lässt sich nicht erzwingen. Wer ernten will, muss warten können, und selten genug beschenkt uns die Zeit mit der Gunst des rechten Augenblicks. Da hilft es wenig, fleißig Gras in Mengen zu schneiden, die Masse bringt den Duft nicht her.
Leider scheint es nur wenige zu geben, die darum wissen. In Scharen stehen die Schnitter auf den Weiden und ernten hemmungslos. So bleibt das Sommergras von heute kurz geschoren unter sengender Sonne zurück, nur um wie Stroh dahinzuwelken. Wie gerne würde ich die Messer verbannen, die so viel unnütze Ernte einbringen!
Im Schatten der Bananenstaude lebte einer, der wohl wie kaum jemand vor oder nach ihm diesen Weg verstand. Was würde dieser wohl empfinden, wenn er heute all die weiten, abgeernteten Weiden erblicken müsste? All das dürre Sommergras, aus dem kein Duft entsteigen kann!
Vielleicht würde er die Türe seiner Hütte fest verschließen und still um Regen für die ausgedorrten Wiesen beten.

Vom Bananenblatt
perlt der Regen tränengleich
die alte Klause

Wenn der Regen endlich kommt nach langen, heißen Sonnentagen, wenn der Tau der Nacht die Wiesen netzt, dann gilt es, die Zeichen des rechten Augenblicks zu lesen, dann ist die Zeit der Ernte. Und eine Handvoll Gras reicht aus, den Duft nach Haus zu tragen. Es braucht nicht viel, nur ein paar Halme, so siebzehn an der Zahl.

Erscheinungsjahr: 2011

Rezension

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