Klaus-DieterWirth ist seit 20 Jahren mit kleiner Unterbrechnung Mitglied im Vorstand der DHG. Mit den »Grundbausteinen des Haiku« (seit 2009 regelmäßig im Sommergras veröffentlicht) und seinen internationalen Kontakten und Aktivitäten (s. Biografisches) hat er die deutsche Haiku-Szene entscheiden mitgeprägt.
Kurzbiographie als Haikuautor
Klaus-Dieter Wirth, Neuphilologe, veröffentlicht Haiku, Essays und andere Artikel zu diesem Genre insbesondere im internationalen Bereich schon seit 1995. Er ist Vorstandsmitglied der DHG (Deutsche Haiku Gesellschaft) und aktives Mitglied weiterer Haiku-Gesellschaften (DE, AT, NL/BE, FR, ES, GB, US) mit regelmäßigen Beiträgen für deren Zeitschriften, Mitherausgeber des dt.-engl. Internet Magazins Chrysanthemum. Seine Haiku und zahlreiche andere Veröffentlichungen erschienen in fünf Sprachen.
Ein Rotkehlchen setzt
auf dem Stiel meines Spatens
ein Pausenzeichen.
über Trittsteine
behutsam den Himmel
des Teichs betreten
im Stau
Wolken
lösen sich auf
Windstille im Park –
ein Blinder liest
Stimmen in Braille
der alte Clown
zieht sein Lächeln nach
ein letztes Mal
drei Stück
Heimat
im Koffer
heißer Sommerhauch
der kristalline Klang
von Windspielglöckchen
über
Tausenden von Sonnenblumen
bleich nur ein Mond
Sirenengeheul …
Ach ja! Sonnabend, 12 Uhr Mittag.
eine Amsel
hebt den Kopf
in ihren Frühling
Nur kurz die Augen schließen!
Aufgeschreckt greife ich – wie von Mama eingetrichtert – sofort nach meinem kleinen Kissen mit den wenigen Wertsachen der Familie: amtliche Papiere, drei Fotos, ein paar Feldbriefe, etwas Schmuck. Und schon ist da dieses Klacken im Volksempfänger: „Goebbels läuft auf Klumpen“ – akute Luftgefahr! Wir stürzen zur Treppe, laufen aus dem Haus, stolpern zum nächsten Bunker. Gerade noch rechtzeitig! Schon verriegeln die beiden alten Luftschutzhelfer die schweren Türen mit den eisernen Bügeln hinter uns. Im fahlen Notlicht nur bleiche Gesichter. Kaum Platz zum Stehen. Augen suchen sich, gerötet, weit aufgerissen, müde verengt. Und schon die ersten Einschläge! Ziemlich fern noch. Doch die Erde zittert. Bald bebt auch der Beton. Ein erstes Vaterunser! Leise, ansteckend. Immer lauter die Worte. Auch ich weiß schon, wie es geht, bete brav mit. Explosionen, jetzt in rascher Folge, näher und näher. Es wummert, wuchtet, dröhnt und kracht. Der Bunker schwankt, scheint sich zu heben. Ein Albtraum aus den Trümmern des Gebets, aus Wimmern, aus Keuchen … und vergib uns unsere Schuld … Mörtel rieselt von der Decke. Die Luft wird knapper. Es staubt. Dennoch schimmert Schweiß auf den Stirnen. Tränen rinnen. Strenger der Geruch nach Mensch, nach Angst. Einschläge, hier und da, oben und unten. Es bröckelt und rumst, es stöhnt und jammert. Hände gepresst auf die Trommelfelle … denn Dein ist dass Reich … Zum wievielten Mal? Aus einem Mund. Bomben, Bersten, Beten, Bangen. Volltreffer!? … Ein kurzes Flackern. Es ist dunkel. Totenstille … und in Ewigkeit, Amen …
Nur ganz zögerlich flammt eine Kerze auf. Endlich – nach siebzig Jahren – öffnet sich die Tür.
Sonnenaufgang
am späten Nachmittag
mitten im Leben
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