10 Renhai – inspiriert durch das gleichnamige Album der Rolling Stones.
Erscheinungsjahr: 2019
Rezension
Rezension von Brigitte ten Brink
Tattoo You ist ein Album der Rolling Stones aus dem Jahr 1981. Die Titel der Songs aus diesem Album sowie der Titel des Albums sind sozusagen die Stichwortgeber der 12 Renhai in diesem Büchlein.
Ein Renhai besteht aus drei Versen (3-2-3) und wird von zwei Autoren verfasst. Es beginnt nicht mit dem ersten Vers, sondern mit der ersten Zeile des zweiten, des mittleren, Verses. Normalerweise gibt der erste Autor diese Zeile vor. Sie wird vom zweiten Autoren aufgegriffen, zum Zweizeiler ergänzt und anschließend verfasst er auch den ersten Vers. Danach schreibt der Co-Autor den Abschlussvers.
Im vorliegenden Büchlein beginnt hingegen jedes Renhai in der ersten Zeile der zweiten Strophe mit einem der Songtitel. Diese sind jeweils fett gedruckt und ersetzen den Startvers. Der erste Autor schreibt die zweite Zeile der Mittelstrophe und den ersten Vers, der zweite Autor den Schlussvers.
Gabriele Hartmann und Horst-Oliver Buchholz haben rund um diese Songtitel neue Geschichten geschrieben. Der Auftakt, genauso furios wie im Album: „Start Me Up“ ist in den Live-Konzerten der Stones oft der erste Song, den sie spielen, ein „Opener“ par excellence.
Trommelwirbel …
dann explodiert etwas
in mir
Start Me Up
und bring mich nicht zum Weinen
Dies‘ ganze Gerede …
Omas Standuhr
bleibt im Takt
GH T GH HOB
Im Gegensatz zum Song, in dem es kein Ende für das, was einmal in Gang gesetzt wurde, zu geben scheint, erdet sich das Geschehen in diesem Renhai im Abschlussvers. Es wird relativiert und beruhigt sich.
Wunderbar, wie Gabriele Hartmann und Horst-Oliver Buchholz in ihren Renhai Aspekte aus den Songs aufgreifen, grundsätzlich aber die Titelzeilen von den ursprünglichen Inhalten lösen und ihnen ein neues Gesicht geben, in dem sie sich von den vorgegeben Zeilen zum Perspektivenwechsel inspirieren lassen, andere Akzente setzen und ihre Phantasie spielen lassen. Rolling Stones Fans werden, vielleicht die Songs noch einmal anhören, die Texte noch einmal lesen, nach Gemeinsamkeiten oder Anhaltspunkten suchen. Da diese Verbindungen jedoch mehr als lose sind, braucht es die Kenntnis der Ursprungstexte absolut nicht, um in die Welt dieser Renhai einzutauchen und sie zu genießen. Was allerdings die alten Songs und die neuen Renhai verbindet, ist eine unterschwellige Traurigkeit, die Befürchtung, das Leben nicht immer genutzt zu haben und nun seiner Vergänglichkeit ins Auge schauen zu müssen. Diese Texte sind Blues zum Lesen.
Traumsequenzen
die alte Lady
gestochen scharf
Tattoo You
unser Vergessen hautnah
Erinnerungen
an morgen – Andromeda
schrammt vorbei