Gabriele Hartmann

Wohnort: Westerwald

Biografisches

Malerin – Autorin – Verlegerin

neugierig? www.bon-say.de

» Haiku ist – ein Bild des Augenblicks in Worten

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Haiku / Tanka

kaue am Pinsel
der Versuch Stille zu malen
bleibt Schnee

lunare Landschaft
seine Hände mischen
Wasser und Mehl

der tiefe Brunnen
was wir nicht alles
wissen wollten

nächtliche Schatten
die alte Spieluhr beginnt
wieder von vorne

Herbstanfang
wir tunken unser Brot
in Bratenfett

jetzt sind wir schon
sechs Jahre verheiratet
mir scheint, noch immer
benutzt er seinen Kamm nur
wenn ich es nicht sehe

das Universum
in einer Hutschachtel
navigiere ich
durch ein Wurmloch
meine Gedanken zu dir

den kostbaren Slip
aus nachtblauer Seide
trage ich nun
seiner flachen Nähte wegen
beim Fahrradfahren

Haiga

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Gabriele Hartmann
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haibun

Alle Jahre wieder

Die Tür zur guten Stube ist seit Stunden abgeschlossen, das Schlüsselloch zugeklebt. Geheimnisvoll knistert und raschelt es dahinter. Mutter ist nicht da. Vater sitzt am Küchentisch, vor sich ein Kurzzeitwecker, der alle 20 Minuten klingelt. Dann zieht Vater Grillhandschuhe an, öffnet die Backofentür und begießt die Gans, deren Haut sich nach und nach dunkel gebräunt hat, mit Salzwasser.
Das Ticken des Weckers gliedert den späten Nachmittag in winzige Stücke, sein Klingeln verspricht, dass es nicht mehr ganz so lange dauern wird. Mein kleiner Bruder hat die Dose mit dem Spritzgebäck gefunden und macht sich darüber her. Nebenan läuft der Fernseher. Nachrichten. Vater wechselt den Standort, wir folgen ihm. Ein weinender Soldat trägt ein Kind auf seinen ausgestreckten Armen. „Ist das das Christkind? Wann kommt es denn endlich“, quengelt mein Bruder. Vater macht ein ernstes Gesicht, gibt keine Antwort. Aus der Küche quillt Rauch.
Später wird die Plätzchendose leer sein und mein Bruder sich übergeben. Mutter wird schimpfen und über Migräne klagen. Vater wird der Gans die schwarze Haut abziehen und schweigen.

Stille Nacht
der Dirigent hebt
den Taktstock

Veröffentlichungen

Seit 1998 erfolgt die Veröffentlichung eigener literarischer Werke im bon-say-verlag und anderen Verlagen, in Anthologien und Lesungen sowie im Internet. Das Repertoire umfasst Haiku, Senryu, Tan-Renga, Renhai, Rengay, Haiga, Haibun, Lyrik, Kurzgeschichten u.v.m.

seit 2013 mehr als 100 Bücher im eigenen bon-say-verlag

2017 „etwas Gelbes“ (Haibun, Künstlerbuch in zwei Ausfertigungen) im Verlag Edition alpha sieben, Sulzbach; Hrsg. Ralph Günther Mohnnau, Frankfurt

2018 „Knoten im Kopf“ (Renhai von Brigitte ten Brink und Gabriele Hartmann) im Verlag edition federleicht, Frankfurt.

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