Ingrid Kunschke (in: Sommergras89)

Flügel (es handelt sich hierbei um Tanka-Prosa)

Erscheinungsjahr: 2010

Inhalt:

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Textproben, Inhaltsverzeichnisse, Bibliographische Angaben, Bezugsquellen (Nicht alle Elemente gleichzeitig vorhanden)

Flügel? Ihr?
Aber ja.
Seid ihr ganz sicher?
Den ganzen Morgen hatte die Gischt sich das großspurige Geschwätz der Entenmuscheln angehört. Vom umwogten Riff hängend, hatten sie bei kleinen Schlückchen Seewassers dahergeredet. Nun, da die Gischt nachhakte, gaben sie sich erstaunlich verschlossen.
So sind sie halt, sagte der Seetang. Fall bloß nicht drauf rein.
Aber die Gischt war angetan vom Gerede der Entenmuscheln über eine Welt jenseits der Klippe. Eine Welt, wo ihresgleichen als Vögel lebten – wenn sie ihnen denn Glauben schenken sollte. Ah, emporzusteigen und zu schweben …
Nichts als Schaum, ständig getrieben von den Gezeiten, werde ich angeschwemmt nur um zu vergehen sinnierte die Gischt. Und in einem weiteren Versuch sich zu befreien, bespritzte sie die schroffen Felsen.
Das können wir aber besser! rief der Wind. Er war den ganzen Weg über den Ozean gekommen und hatte seine Kraft noch nicht ganz eingebüßt. Die Wellen peitschend wühlte er das Meer auf.
Die Gezeitentümpel überfluteten. Seesterne, Krebse, Muscheln: Wer nicht vorbereitet gewesen war, wurde umhergeschleudert, zertrümmert oder von rauen Wogen davongetragen. Die Brandung rollte höher und höher heran, um sich schließlich an der steilen Klippe zu brechen. Die Luft war salzig und dunstverhangen.
Was für ein Anblick! rief die Gischt, als sie über die Steilküste spähte.
Was für eine Wohltat! seufzte der Wind, erfrischt nach seiner beschwerlichen Reise.
Und als er seinen Weg über Land fortsetzte und durch graue Städte streifte, sann er nach über Freudentaumel und Lebenshunger.
Was für eine Wohltat! seufzte er mehrmals, in Gedanken noch bei der Gischt. Wo immer er hinkam, hinterließ der Wind einen Hauch von Seeluft und etwas hellere Gesichter.

* Erstveröffentlichung unter der Überschrift „Wings“ in Modern Haibun & Tanka Prose, Sommer 2009. Aus dem Englischen von Ingrid Kunschke.

Erscheinungsjahr: 2010

Rezension

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