Weshalb nur verneigen wir uns, verneigen wir uns? flüsterten die Gräser. Und vor wem, vor wem, vor wem?
So fragten sie untereinander – nicht sosehr um einer Antwort willen, als aus Freude am Klang der Worte. Aus einer Laune heraus beugten sie sich sogar noch tiefer vor und flüsterten sich gegenseitig leise ins Ohr, wohl wissend, dass sich ihr Getuschel ohnehin verbreiten würde.
Die Grillen waren die ersten, die es hörten, und bald sang und summte die ganze Ebene ein Lied von den drolligen Gräsern und ihrem geheimnisvollen Herrn und Gebieter. Insekten wie Vögel machten sich über sie lustig, dankbar für etwas Ablenkung am Ende eines weiteren langen Sommertages.
Manche ereiferten sich geradezu.
Wer immer es ist, er muss wahrlich verehrungswürdig sein, sprach der Fasan mit eitlem Gebaren. Ich würde sagen, sie erneigen sich mir zu Ehren.
Schleppe ich
meinen prächtigen Schwanz,
blinzelt sogar
die Sonne, geblendet
vom Glanz meines Federkleids.
Lieber Himmel! Einen hellen Verstand lässt dafür weder deine Rede, noch dein Gedicht erkennen, bemerkte die Gottesanbeterin. Beachte meine Worte: Der Ruhm des Verehrten ist von ganz anderer Art.
Seid fromm
wie die kleinen Lämmer
reinen Herzens
und jederzeit bereit
für den Sensenmann.
Und sie wiegte sich von einer Seite zur anderen, wobei sie einen kleinen Käfer im Auge behielt, der ihren Ratschlägen aufmerksam gelauscht hatte.
Du bist mir ein schöner Weissager! spottete die Lerche. So sicher wie Eier Eier sind: Diese lauteren Gräser wissen nichts vom Tod. Sie setzen auf eine viel stärkere Macht.
Sich geradewegs hochschraubend, und im Schwebflug, trällerte die Lerche ein ums andere Mal:
Was zu denken
von heimlicher Liebe?
Versteckt
im hohen Gras
offenbart sie sich nicht.
Alle schwiegen und staunten über dieses wunderbare Lied mit seinen
Untertönen.
Die Gräser jedoch hatten ihre scherzhafte Frage längst vergessen
und sich um Gerüchte nicht geschert. Sanft vom Wind gestreichelt, verneigten sie sich im Spiel und flüsterten zärtliche Worte, bis es dunkel, bis es hell wurde.
*Erstveröffentlichung unter der Überschrift „For a Lark“ in Modern Haibun & Tanka
Prose, Sommer 2009. Aus dem Englischen von Ingrid Kunschke.