Mein Weg zum Haiku führte über die Kunst des Ikebana, mit der ich mich seit vielen Jahren beschäftige. In beiden japanischen „Wegen“ geht es darum, eine bisher unsichtbare Eigenschaft des Betrachteten zu entdecken und durch eine neue Zusammenstellung der Bilder, beziehungsweise des Materials, erlebbar zu machen.
Im Ikebana sind es oft wertlose Fundstücke, ein Blatt, das Blei einer Regenrinne, verrostete Metallteile, Treibholz …, deren Schönheit ich in einer neuen Ordnung aufscheinen lassen möchte.
Im Haiku sind es häufig unscheinbare Erlebnisse und Wahrnehmungen, die ich wie eine Momentaufnahme festzuhalten versuche.
Marion Naumann d‘Alnoncourt, Essen, im Februar 2011, Vorbemerkungen zu ihrem Buch „Haiku“
Biografisches
Marion Naumann d‘Alnoncourt hat Volkskunde studiert. Ihre Reisen führten sie nach Asien, u.a. Japan, in Himalaya-Länder, zur Seidenstraße, in die Mongolei. Sie beschäftigte sich 25 Jahre lang mit Ikebana und absolvierte ihre Ausbildung bis zum Sankyu Shihan der Sogetsu-Schule. Über diese Kunst kam sie zum Haiku. Sie war Mitglied der GEDOK Künstlerinnenvereinigung.
Ihre Haiku wurden in verschiedenen Anthologien veröffentlicht.
Kurz vor ihrem Tod im Jahr 2011 erschienen Haiku und Ikebana von Marion Naumann d’Alnoncourt im bibliophilen Band „Haiku“, Hamburger Haiku Verlag, ISBN 978-3-937257-64-8.
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† Marion Naumann d‘Alnoncourt
Haiku / Tanka
Treibholz…
Angekommen
im Ikebana
Beinah am Ziel…
im Laufschritt
zur Teezeremonie
Nekropolis –
im Steinsarg schläft
ein junger Hund
Erntefest –
sie sieht ihre Hände
die dunklen Adern
Herbstdämmerung
im Schlafbaum
flattern die Schatten
Klarer Herbstmorgen –
die Sonne ist der Spinne
ins Netz gegangen
Stumme Wirbel…
im Schneetreiben
sich selbst verlieren