CHRISTOF BLUMENTRATH (HAIKU) UND MARKUS KÄMPER (FOTOS): FUNDSTÜCKE & HAIKU
Da die von Christof Blumentrath (Haiku) und Markus Kämper (Fotos) konzipierte Foto-Haiku-Ausstellung „Fundstücke & Haiku“ leider ein Opfer der Corona-Pandemie geworden ist, gibt es auf der Webseite https://fundstuecke.jimdosite.com einen virtuellen Ersatz. Diese Webseite bietet neben den Foto-Haiku weitere interessante Details und Erklärungen zur Entstehung der Ausstellung aber auch zum Haiku, sowie als Extra zehn Audio-Haibun geschrieben und gelesen von Christof Blumentrath und von Markus Kämper mit Klanginstallationen unterlegt – eine wunderbare Gelegenheit, in schwierigen Zeiten Kultur zu genießen.
Hierzu eine Besprechung von Brigitte ten Brink:
Die Ausstellung „Fundstücke“, eine Gemeinschaftsarbeit von Christof Blumentrath (Haiku) und Marcus Kämper (Fotos), ist ein Opfer der Corona-Pandemie geworden und so liegt nun ein Ausstellungskatalog vor mir, dessen abgebildete Werke in der Realität (noch) nicht besucht werden konnten. Auf der oben genannten Webseite können die Werke mit vielen zusätzlichen Informationen jedoch betrachtet werden. Als Extra befinden sich auf dieser Webseite von Christof Blumentrath geschriebene und gelesene Haibun, die mit Klanginstallationen von Marcus Kämper unterlegt sind.
Den Abbildungen zu „Fundstücke“ geht ein Vorwort der Autoren voraus, das mit einem Zitat von Pablo Picasso beginnt: „Ich suche nicht, ich finde. Suchen ist das Ausgehen von alten Beständen und das Finden wollen von bereits Bekanntem. Finden, das ist das völlig Neue. Alle Wege sind offen und was gefunden wird, ist unbekannt.“ Für Picasso ist „finden“ positiver besetzt als „suchen“, weil seiner Meinung nach durch „finden“ etwas Neues entdeckt wird, „suchen“ jedoch nur auf Bekanntes stoßen kann. Deshalb möchte ich dieses Picasso-Zitat mit einem Zitat aus dem ersten Pippi-Langstrumpf-Buch ergänzen. Pippi erklärt Annika und Tommy was ein Sachensucher ist. Ein Sachensucher ist: „Jemand, der Sachen findet, wisst ihr. Was soll es anderes sein? Die ganze Welt ist voll von Sachen und es ist wirklich nötig, dass sie jemand findet. Und gerad das, das tun die Sachensucher.“ * Diese Erklärung von Pippi verlangt genauso wie das Picasso-Zitat, den offenen Blick in und auf die Welt für all das, was sie bietet, besonders für die kleinen, die unscheinbaren Dinge, die bei oberflächlicher Betrachtung nicht gesehen werden und dabei doch Schätze in sich bergen können. Im Auge des Betrachters liegt es, den Schatz als solchen zu erkennen und ihn zu heben und zu würdigen.
Marcus Kämper und Christof Blumentrath haben nun Dinge, oder besser gesagt deren noch existierenden Reste, das, was von dem, was sie einmal waren, übrig blieb, gefunden. Dinge, die normalerweise nicht wahrgenommen werden, an denen achtlos vorübergegangen wird und die nicht mehr zu gebrauchen sind. Und nun geschieht etwas Außergewöhnliches. Diesen Restdingen, diesen „Fundstücken“ wird eine Bedeutung gegeben, indem der Eine sie fotografisch in Szene setzt und der Andere diese Fotografie mit einem Haiku unterlegt. In meinen Augen ist dies das Phänomen, welches in der Haiku-Theorie wabi-sabi genannt wird: die Schönheit auch im Schlichten, im Unperfekten, im Vergänglichen zu erkennen und anschaulich zu machen und so dem Ganzen eine ganz eigene, nicht mehr zu übersehende stilvolle Schönheit zu geben.
Faszinierend, wie es Markus Kämper gelingt, den Fundstücken, gestochen scharf auf schwarzem Grund, eine Aura zu geben, die aus ihnen Kunstwerke machen. Die Haiku von Christof Blumentrath, unprätentiös in der Sprache und doch wunderbar lyrisch und zu Herzen gehend, verstärken diese Wirkung auf eindrucksvolle Weise.
Auf der obengenannten Webseite findet sich zu jedem Fundstück eine kurze Dokumentation über Größe, Material, Funddatum, Fundzeit und Fundort sowie viele weitere Informationen u. a. über jeweils einen Aspekt des dazugehörigen Haiku. Diese Webseite ist anschauenswert, lesenswert, „eine Brücke zwischen realer und visueller Ausstellung“, wie die Autoren in ihrem Vorwort zum Katalog schreiben, und eine wunderbare Möglichkeit, auch in schwierigen Zeiten Kultur zu genießen.
* https://efraimstochter.de/201-Sachensucher-tolle-Dinge-finden-wie-Pippi-Langstrumpf.htm