Es wurden insgesamt 209 Haiku von 77 Autoren und 50 Tanka von 23 Autoren für diese Auswahl eingereicht. Einsendeschluss war der 15. Januar 2024. Diese Texte wurden vor Beginn der Auswahl von mir anonymisiert.

Jedes Mitglied der DHG hat die Möglichkeit, eine Einsendung zu benennen, die bei Nichtberücksichtigung durch die Jury auf einer eigenen Mitgliederseite veröffentlicht werden soll.

Eingereicht werden können nur bisher unveröffentlichte Texte (gilt auch für Veröffentlichungen in Blogs, Foren, inklusive die Foren auf HALLO HAIKU, sozialen Medien und Werkstätten etc.).

Bitte keine Simultan-Einsendungen!

Bitte alle Haiku/Tanka unbedingt gesammelt in einem Vorgang in das Online-Formular auf der DHG-Webseite HALLO HAIKU selbst eintragen: https://haiku.de/haiku-und-tanka-auswahl-einreichen/

Ansonsten per Mail an: auswahlen@sommergras.de

Der nächste Einsendeschluss für die Haiku-/Tanka-Auswahl ist der 15. April 2024.

Jeder Teilnehmer kann bis zu sechs Texte – drei Haiku und drei Tanka – einreichen.

Mit der Einsendung gibt der Autor/die Autorin das Einverständnis für eine mögliche Veröffentlichung in der DHG-Haiku-Agenda, auf http://www.zugetextet.com sowie für eine mögliche Vorstellung auf der Website der Haiku International Association.

 

Haiku-Auswahl der HTA

Die Jury bestand aus Gérard Krebs, Helga Schulz Blank und Tobias Tiefensee. Die Mitglieder der Auswahlgruppe reichten keine eigenen Texte ein.

Alle ausgewählten Texte – 43 Haiku von 32 Autoren – werden in alphabetischer Reihenfolge der Autorennamen veröffentlicht. Es werden max. zwei Haiku pro Autor aufgenommen.

„Ein Haiku, das mich besonders anspricht“ – unter diesem Motto besteht für jedes Jurymitglied die Möglichkeit, bis zu drei Texte auszusuchen (noch anonymisiert), hier vorzustellen und zu kommentieren.

Da die Jury sich aus wechselnden Teilnehmern zusammensetzen soll, möchte ich an dieser Stelle ganz herzlich alle interessierten DHG-Mitglieder einladen, als Jurymitglied bei kommenden Auswahl-Runden mitzuwirken. Kontakt: peter.rudolf @dhg-vorstand.de

 

Ein Haiku, das mich besonders anspricht

im Kleid der Freundin
ihre Träume
weiter tragen

Christa Beau

Dieses Haiku hat mich sofort angesprochen, sehr berührt, traurig und auch glücklich gemacht. Die Freundin ist gestorben, vielleicht war sie noch sehr jung, aber sie wird weiterleben, nicht vergessen werden.

Mit wenigen Worten ist alles perfekt ausgedrückt. Sie trägt das Kleid der Freundin – genau wie in dem sehr berührenden Film „Kirschblüten – Hanami“ mit der Schauspielerin Hannelore Elsner und dem Schauspieler Elmar Wepper: Sie ist gestorben, und er trägt ihren Pullover, um ihr Japan zu zeigen, was sie nicht mehr geschafft hatte.

Ich sah beim Lesen des Haiku den Film, die berührenden Bilder, als er unter seinem Mantel ihren Pullover trug und mit ihr sprach. Ihre Träume konnten nicht realisiert werden, es blieb etwas offen. Die Freundin wird versuchen, die Träume zu realisieren, zumindest daran zu arbeiten und, was ich wichtig finde, immer an sie denken.

Ausgesucht und kommentiert von Helga Schulz Blank

 

winternächtens –
die wolfssprache
des windes

Birgit Schaldach-Helmlechner

Beim ersten Lesen dieses Dreizeilers fiel mir das für mich ungewöhnliche Adverb winternächtens auf. Ich verstand es, wollte aber nach mehrmaligem Lesen sicher sein und suchte im „Deutschen Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm“. – Ja, das Adverb nächtens gab es. Auf Google fand ich außerdem ein paar Beispiele neueren Gebrauchs von winternächtens. Je öfter ich den Text las, desto mehr geriet ich in seinen Bann. Mag ja sein, dass er meine Aufmerksamkeit besonders auf sich lenkte, weil der Winter an meinem Wohnort in Finnland gerade zurzeit besonders kalt und schneereich ist. Das nur so nebenbei. Es lohnt sich jedenfalls, den Text genauer zu betrachten.

Das minimalistische Haiku ist kurz, es besteht aus fünf Wörtern, davon zwei Komposita, mit insgesamt elf Silben. Wird es laut (vor)gelesen, fällt ganz besonders die lautlich kunstvolle Formgebung auf: Das erste, dritte und fünfte Wort beginnt jeweils mit einem betonten W-Laut. Etwas weniger auffallend sind die S-Laute (in winternächtens, wolfssprache und windes). Das ist insofern relevant, als insbesondere die W-Laute, aber auch die S-Laute auch vom Wind erzeugte Laute (wwww / ssss) sind und die alliterierenden W-Laute eine Verbindung von Winter, Wind und Wolf herstellen.

Eine winterdunkle Nacht kann bei all ihrer Schönheit auch Angst auslösen, was in der zweiten Zeile mit dem Wolfsheulen noch unheimlicher wirkt. Aber dann wird die mögliche Gefahr mit dem letzten Wort des Textes durch die Präzisierung, dass es „nur“ der Wind ist, etwas gemindert. Bleibt die Dunkelheit, die beißende Kälte und das unheimliche Heulen des Windes. Ich werde auf meinen Spaziergängen und ganz besonders meinen Nachtwanderungen an dieses gelungene Haiku denken. Der Verfasserin bzw. dem Verfasser sei Dank!

Und noch etwas. Dieses Haiku kommt, ungeachtet des düsteren Inhalts, mit einer wunderbaren Leichtigkeit daher. Das ist nicht zuletzt dem durchgehenden Rhythmus mit kleinen Variationen dieser drei Zeilen zu verdanken, und dazu ist auch die Wortwahl winternächtens von Bedeutung.

Ausgesucht und kommentiert von Gérard Krebs

 

winternächtens –
die wolfssprache
des windes

Birgit Schaldach-Helmlechner

An diesem Text ist mir die Sprache sofort aufgefallen. Sie bildet das zentrale Kernstück des Haiku. Zum einen geht es inhaltlich um Sprache, genauer gesagt um „die Wolfssprache“. Aber auch formal liegt ein besonderes Augenmerk auf der Sprache. Der weiche Konsonant „w“ findet sich in jeder Zeile wieder und wirkt so als verbindendes Element. Die Buchstabenkombination „Wi“ findet sich sowohl im Wort „winternächtens“ in der ersten Zeile, als auch in „Windes“ in der letzten Zeile wieder. Das lässt das Haiku zusätzlich rund erscheinen.

Insgesamt ist der Text sehr gut durchdacht und geschickt aufgebaut. Er kommt mit nur elf Silben aus.

Die erste Zeile finde ich sprachlich besonders gelungen. Die Verfasserin/der Verfasser hätte hier auch beispielsweise das Wort „Winternacht“ wählen können. Der Text würde trotzdem funktionieren und ähnliche Bilder bei den Lesenden erzeugen. Aber es wurde sich bewusst für das Wort „winternächtens“ entschieden. Es ist gleichbedeutend mit „in einer Winternacht“, nur sprachlich um einiges ansprechender. Zudem transportiert das Wort ein besonderes Gefühl und erzeugt gleichzeitig im gesamten Text eine zusätzliche Spannung. Zum einen finde ich reizvoll, dass es ein heute nur noch selten genutztes Wort ist, das eine besondere Stimmung erzeugt. Das Warum stellen wir fest, wenn wir uns sprachlich näher damit befassen. Das Wort „winternächtens“ besitzt vier helle Vokale (ä/e/i/e), die eine gemütliche Stimmung erzeugen. Ich stelle mir ein warmes, sicheres Zuhause vor. Hier sitze ich mit einer Tasse Tee auf dem Sofa, während es draußen ziemlich ungemütlich ist. Es ist kalt in dieser stürmischen Winternacht.

Der Wind spricht viele Sprachen. Aber in der hier beschriebenen Nacht bedient er sich der Wolfssprache. Das finde ich sehr passend und gleichzeitig geschickt gewählt. Vordergründig wird ein Zusammenhang zwischen dem Wind und dem Wolf hergestellt. Diese sprechen dieselbe Sprache, da beide die Angewohnheit haben zu heulen. Wenn auch aus verschiedenen Ursachen.

Als Pädagoge fällt mir aber noch eine Metaebene auf. Der Begriff der Wolfssprache findet sich auch im Handlungskonzept der Gewaltfreien Kommunikation wieder. In dieser von Marshall Rosenberg entwickelten Theorie geht es im Kern darum, reflektierter und respektvoller zu kommunizieren und Konflikte fairer zu lösen. Es wird zwischen der Wolfsprache und der Giraffensprache unterschieden. Die Wölfe wollen in ihrer Sprache drohen und wirken somit genauso einschüchternd wie der Wind dieser Winternacht. Ob bewusst oder unbewusst gewählt, verleiht diese Doppeldeutigkeit dem Text zusätzliche Tiefe. Mich inspiriert der Text, und ich bekomme Lust zum Weiterdichten. Ich danke der Verfasserin/dem Verfasser für diesen Impuls.

Ausgesucht und kommentiert von Tobias Tiefensee

 

ihr Profilbild – Gottesanbeterin

Elisabeth Weber-Strobel

Dieses Haiku sprang mir sofort ins Auge, einmal wegen der Form, nur eine Zeile und drei Wörter, und der Aussage. Die Form ist ungewöhnlich, aber nicht unüblich. Ich glaube, das Haiku hat es nicht in die Wertung geschafft. Ich liege auch bei einem Vielleicht.

Ich habe mir Gedanken gemacht, was die Person damit ausdrücken will. Die Gottesanbeterin ist ein imposantes Tier, sie steht auf der Roten Liste und muss geschützt werden, war 2017 Insekt des Jahres. Das Besondere ist, sie praktiziert sexuellen Kannibalismus, d. h. das Männchen wird in freier Wildbahn nach der Paarung vom Weibchen aufgefressen. Dies trifft in bis zu 30 Prozent der Fälle zu.

Die Gottesanbeterin kann ihren Kopf um 180 Grad drehen, sehr weit sehen und auch noch Ultraschalltöne hören, also sie ist sehr speziell. So hat der Verfasser bei mir das Ziel erreicht, nach-zu-denken – zu spüren.

Ausgesucht und kommentiert von Helga Schulz Blank

 

Die Auswahl

getrocknete Rose –
Erinnerungen verblassen
unter Staub

Valeria Barouch

im Kleid der Freundin
ihre Träume
weitertragen

Christa Beau

Unter Sternenlicht
im morgendlichen Dunkel
das Schimmern der Gischt.

Thomas Berger

schon fünfzehn Jahre
der Grabstein
gealtert

Martin Berner

neuschnee
vierzig zentimeter
gewissheit

Heiner Brückner

die Allee zu dir
… auf Licht folgt Schatten
folgt Licht

Horst-Oliver Buchholz

ohne dich
das Rot der Rosen
anders

Horst-Oliver Buchholz

Kräfte
zwischen uns
Ebbe und Flut

Stefanie Bucifal

Zwielicht
ich strecke mich
in meinen Schatten

Stefanie Bucifal

Eisblumen auf Glas
die ersten Sonnenstrahlen
Tagtraumerwachen

Sonja Crone

erste Verabredung …
ich bemerke die Blume
auf der Serviette gedruckt

Maya Daneva

Friedwald
die Namen im Flüstern
der Blätter

Frank Dietrich

Stausee
meine ungeweinten
Tränen

Frank Dietrich

die tür
zwischen den worten
fällt ins schloss

Hans Egerer

im holz
ein unruhiger igel wartet
auf schnee

Hans Egerer

fort für immer
ohrenbetäubend
die Stille in mir

Hubert Felber

Schmelzwasser
Der Bach tanzt
in seinem Bett

Hartmut Fillhardt

Eisweinlese
im frühesten Dämmer
die Menschentraube

Claus-Detlef Großmann

blind date –
in deinen augen das leuchten
des handybildschirms

Alexander Groth

straßenkreide –
das flüchtlingskind malt sich
einen freund

Alexander Groth

Spiralnebel
In meiner Hand
eine versteinerte Schnecke

Angelika Holweger

die Nachbarn ausgezogen
jetzt stört sie mich
die Stille

Deborah Karl-Brandt

Zughalt
Kindergeplapper
steigt ein

Petra Klingl

Am Abend
selbst das Meer zu müde
um Wellen zu schlagen

Petra Klingl

Fotokurs
die Tische voll
mit Motiven

Ingrid Meinerts

grauer Tag
selbst in den Pfützen
Regenwolken

Ingrid Meinerts

Gemüsegarten
Großmutters leiser Bittgesang
beim Aussäen

Ruth Karoline Mieger

Jahreswechsel
die Pinnwand erleichtern
um alle Vorsätze

Ruth Karoline Mieger

Heiligabend
überall läuten
WhatsApp-Nachrichten

Eleonore Nickolay

Neujahr
die erste Spinne
mein erster Schrei

Eleonore Nickolay

Sonntagfrüh –
selbst die Stille schläft noch
in den Straßen

Heike Pfingsten-Kleefeld

Flüchtiger Moment
Das Haiku
entgleitet mir

Bernd Reklies

Ganz leise …
der Ruf der Möwen
Sehnsucht nach Zuhause

Bernd Reklies

der Jugend nachspüren
Vater reaktiviert
den alten Fernseher

Wolfgang Rödig

tagelang Regen
Tropfen für Tropfen
wird das Grau grauer

Sebastian Salie

im Buch
vom Wind verblättert
der erste Kuss

Frank Sauer

dahinterblicken
was uns eint und was trennt
die nebelwände

Birgit Schaldach-Helmlechner

winternächtens –
die wolfssprache
des windes

Birgit Schaldach-Helmlechner

Goldfisch im Glas
der Letzte
mit dem sie spricht

Marie-Luise Schulze Frenking

Frühlingsnacht
Mondschein streichelt
schwellende Knospen

Brigitte ten Brink

Herbstwind
wir lassen die Helme auf
unter den Kastanien

Elisabeth Weber-Strobel

Ferien
der Busfahrer
und ich

Friedrich Winzer

am see träumend der zeit die herrschaft entziehen

Helga Stania

 

Tanka-Auswahl der HTA

Silvia Kempen wählte 7 Tanka von 7 Autoren aus.

„Ein Tanka, das mich besonders anspricht“ – unter diesem Motto wird diesmal ein Tanka vorgestellt und kommentiert.

 

Ein Tanka, das mich besonders anspricht

wachsen sollten
meine Träume – doch
im Lauf der Zeit
rinnen sie wie Wasser
aus einem geflochtenen Korb

Gabriele Hartmann

Zunächst dachte ich bei diesem Tanka an die nächtlichen Träume, die Träume, die man während des Schlafens hat. Das ist wohl folgendem Buch geschuldet: „Wo deine Träume wachsen“ von Malin Johanna Lammers. Zitat aus der Inhaltsangabe des Buches: „In deinem Kopf da wachsen sie: große Träume, wilde Träume, Träume voller Fantasie. Manchmal sind Träume auch mauseklein, doch in deinen Träumen kannst du alles sein …“

Ich dachte, jemand hätte Angst, nicht mehr zu träumen. Aber das lässt sich ja auch auf das wirkliche Leben zurückführen, in dem man auch Träume hat. Von einer Familie, Reichtum, Glück, was auch immer.

Ich weiß nicht, was für Träume das lyrische Ich hat. Aber es hatte welche und auch die Hoffnung, dass sie sich erfüllen. Doch „im Lauf der Zeit“ schwinden sie dahin: „rinnen sie wie Wasser“. Dazu fällt mir der Spruch „Das Geld zerrinnt wie Wasser zwischen den Fingern“ ein. Nur hier stehen die Träume statt Geld.

In diesem Tanka rinnen die Träume wie Wasser aus einem geflochtenen Korb. Im ersten Moment würde ich sagen, es müsste „durch einen geflochtenen Korb“ heißen. Doch wenn ich an die Bedeutung des Korbes im nächtlichen Traum denke, hat sich im Korb so viel angesammelt, dass es nicht mehr direkt durchfließen kann. Der Korb steht im Traum dafür, dass man von völliger Erfüllung und absolutem Überfluss träumt. Der Traum hat sich wohl nicht erfüllt.

Der Vergleich mit dem Wasser, welches die Grundlage allen Lebens ist, impliziert für mich die Hoffnung, und die stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Vielleicht kann das lyrische Ich ja auch nachgeben und seine Träume loslassen.

Das Tanka bietet viel Platz für Assoziationen und Inspirationen, hat etwas von Selbstreflektion und metamorphe Elemente. Mich hat es sehr zum Nachdenken angeregt.

Ausgewählt und kommentiert von Silvia Kempen

 

 Die Auswahl

März
die Spatzen verlassen mich
schwärmen ins Blau
nur Krümel noch
auf der Fensterbank

Stefeanie Bucifal

wachsen sollten
meine Träume – doch
im Lauf der Zeit
rinnen sie wie Wasser
aus einem geflochtenen Korb

Gabriele Hartmann

neue Tasse
noch liegst du fremd
in meinen Händen

werde ich dich
lieben können?

Ingrid Meinerts

ich frage mich oft,
wo meine Meinung ist –
in der Zeit, die vergeht,
verlor ich mich in der Menge
der Meinungen über mich

Dragan J. Ristić

der zittrige Gang
zum Briefkasten mit der Angst
wieder einen Brief
zu finden
mit schwarzem Rand

Marie-Luise Schulze Frenking

Mitten auf dem Platz,
vom Sperrmüll nicht abgeholt,
eine Kloschüssel
Jetzt gibt es hier endlich auch
öffentliche Toiletten

Jennifer H. Weber

wartend
sitze ich im Rollstuhl
da berührt mich
ganz zart
ein kleines Mädchen

Friedrich Winzer

 

 

Sonderbeitrag von René Possél

René Possél hat aus allen anonymisierten Einsendungen ein Haiku ausgesucht, das ihn besonders anspricht.

ohne dich
das Rot der Rosen
anders

Horst-Oliver Buchholz

„Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose“ – Das ist das berühmteste Zitat von Gertrude Stein (1874—1946). Auch wenn die ursprüngliche englische Fassung anders lautet („Rose is a rose is a rose is a rose“), wurde die o. g. Version bekannt und meist interpretiert: „Die Dinge sind, was sie sind!“

Dem widerspricht dieses Haiku. Die Mittelzeile „das Rot der Rosen“ ist der Ausgangspunkt. Bei der Nennung roter Rosen wird kaum jemand an das Gesetz der Identität in der Logik denken. Vielmehr kommen hier alle Assoziationen von Liebe zum Tragen. Dann bedeutet das Rot der Rosen das brennende Feuer der Liebe. Dass es Liebende sind, für die sie diese Bedeutung haben, machen die erste und letzte Zeile deutlich. In einer persönlichen Liebesgeschichte sind Rosen immer mit meinen persönlichen Erinnerungen und dem Ausdruck meiner Liebe zu dem/der Geliebten aufgeladen.

Wer rote Rosen von dem/der Geliebten bekommt, der sieht sie bzw. das Liebesrot daher „anders“. Und wer rote Rosen nach dem Ende der Liebes-Geschichte betrachtet, sieht dieselbe Farbe „Rot“ noch einmal ganz anders. Die Dinge sind einerseits, was sie sind. Aber sie werden zwischen Menschen darüber hinaus auch zum Zeichen und Symbol für mehr als das, was sie sind. Und sie können ihre Bedeutung, je nach dem Zusammenhang, sogar ändern.

Wer das versteht, dem schließt das (für mich gelungene) Haiku in der Betrachtung jene andere Welt der Liebe auf: Das Rot der Rosen kann das Feuer aktuell brennender Liebe bedeuten wie auch den Schmerz über eine erloschene. Es signalisiert die Intensität des Lebens mit dem/der Geliebten, aber auch die Sehnsucht danach oder gar die Leere und den Verlust der Liebe im Leben „ohne dich“. Was es ist, bleibt offen.

Nicht mal das berühmte Zitat von Gertrude Stein ist so eindimensional wie das nur logische Verständnis. Es heißt, dass das erste Wort „Rose“ in ihrem ursprünglichen Satz der Name einer bestimmten Person war …

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